Pädagogische Fachzeitschriften 2007

PETER MARTIN ROEDER

Vergleichende ethnographische Studien zu Bildungssystemen: USA, Japan, Deutschland

Dieser Artikel beschäftigt sich mit den vergleichenden ethnographischen Studien zu den Bildungssystemen der USA, Japan und Deutschland.

„Der Großteil der Datenerhebung konzentrierte sich über einen Zeitraum von zwei bis drei Monaten in jeweils drei Standorten der drei Länder (USA, Japan, Deutschland)“ (Roeder 2001, S. 202). Es wurden naturwissenschaftliche Fächer als auch Mathematik in den allgemein bildenden Schulen sowie berufsbildenden Schulen beobachtet.

Die Untersuchungen richteten sich auf vier umfassende Themenbereiche:

  1. „Die Entwicklung und Kontrolle von Leistungsstandards auf den unterschiedlichen Ebenen des Schulsystems (gesamtstaatlich, teilstaatlich, Schulbezirk, Einzelschule)“
  2. „Die Interpretation unterschiedlicher Lernvoraussetzungen der Schüler“
  3. „Der Stellenwert der Schule im Leben von Jugendlichen“
  4. und „Ausbildung und berufliche Entwicklung von Lehrern“

Lehrpläne – Entwicklung und Kontrolle von Leistungsstandards

Die Lehrpläne weisen erhebliche Unterschiede in den drei Ländern auf. In Japan wird ein einheitlicher Lehrplan für die fünf Kernfächer des zentralen Lehrplans, Japanisch, Mathematik, Sozialkunde, Naturwissenschaften und Englisch vorgegeben. Währenddessen steht in Deutschland vor allem die Autonomie des einzelnen Lehrers in der Planung seines Unterrichts im Vordergrund.

In den USA werden zentrale Tests zur Leistungsbeurteilung herangezogen, welche sowohl die Meinungen der Lehrer als auch der Eltern spaltet.

In Japan werden den Jukus, den privaten Neben- und Nachhilfeschulen große Bedeutungen zugemessen.

Unterschiede zwischen Schulen – soziales Umfeld

In den USA herrschen große Ungleichheiten zwischen den Schulen. Einerseits gibt es die Schulen in den wohlhabenden Vororten, denen ausreichend finanzielle Ressourcen zur Verfügung stehen. Auf der anderen Seite existieren die Schulen in den Innenstädten, wo wenig finanzielle Mittel vorhanden sind und wo die Gewaltbereitschaft der Kinder und Jugendlichen zunimmt.

In Deutschland und in Japan werden die Schulen durch zentrale Mittel finanziert, aus diesem Grund zeigen die Arbeitsvoraussetzungen keine so großen Unterschiede wie in den USA. In den USA werden Probleme von Schülern vor allem auf familiäre Probleme zurückgeführt.

Bildungsziele in Schule und Elternhaus

„Objekt der Erziehung ist die ganze Person, die als gleichberechtigtes Mitglied am Leben der Gruppe teilhat“ (Roeder 2001, S. 208). Schule bedeutet auch die Formung von Charaktereigenschaften wie die Willensstärke oder das Durchhaltevermögen. Während in Deutschland eine Trennung von Schule und Familie herrscht, haben dagegen in Japan Schule und Familie identische Erziehungsziele. „Schulleistung wird als Ergebnis vor allem von Anstrengung und in zweiter Linie von Begabung gesehen“ (Roeder 2001, S. 208). „Darin unterscheiden sich japanische deutlich von amerikanischen und deutschen Lehrern und Eltern, die beide Faktoren (Anstrengung, Begabung) als gleich gewichtig einstufen“ (Roeder 2001, S. 208).

Das zeigt sich auch beim Zeitaufwand wieder: Japanische Schüler wenden mehr Zeit für die Vorbereitungen und schulische Aktivitäten auf als deutsche und amerikanische Schüler.

Leistungsdruck

Aufgrund des strengen Lehrplans an den Schulen in Japan bleibt keine Zeit für Schülerexperimente oder auf Lernschwierigkeiten der Schüler einzugehen (Trelfa zit. nach Roeder 2001, S. 210). Das fördert den Zulauf zur Juku. In Deutschland und auch in Japan wurden Kürzungen bei Mathematik und den naturwissenschaftlichen Fächern vorgenommen, was jedoch auf heftige Kritik stoß.

Formen der Differenzierung

In den USA ist die Differenzierung sehr ausgeprägt. Es werden „Programme zur Förderung von Schülern mit Lernproblemen, Leistungsmängeln oder unzureichender Beherrschung der englischen Sprache“ (Trelfa zit. nach Roeder 2001, S. 211), Nachhilfestunden aber auch verschiedene Niveaustufen des Unterrichts angeboten.

Diese unterschiedliche Differenzierung bringt Probleme mit sich. „Schulerfolg wird in subkulturellen Gruppen von Jugendlichen als acting white bezeichnet, was bedeutet sich wie ein weißer zu verhalten“ (Trelfa zit. nach Roeder 2001, S. 212).

In Deutschland werden vor allem begabte Schüler in naturwissenschaftlichen Fächern und auch in Mathematik gefördert. 

Spaß an der Schule? Deutsch-amerikanische Kontraste

In Deutschland wird die Schule als Last und Pflicht empfunden, währenddessen in Amerika Schule zum Alltag gehört. 

Änderungen in der Schulstruktur in einem Land sind kaum möglich, da die Systeme „so fest in der nationalen Kultur und Geschichte verankert“ (Roeder 2001, S. 214) sind.

Quelle

Roeder, M. (2001). Vergleichende ethnographische Studien zu Bildungssystemen: USA, Japan, Deutschland. Zeitschrift für Pädagogik, 47, 201-215.


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