Hammerer, F. & Renner, C.
Wenn man die Schulen der Nachkriegszeit betrachtet, wird schnell klar, dass die Schulbauten vor allem durch Nüchternheit und Geradlinigkeit geprägt sind. Zu dieser Zeit herrschte nicht die Meinung vor, dass Schulen ein angenehmer Arbeitsort bzw. Lebensort sein sollen. Auch heute noch nehmen die Architekten zu wenig Rücksicht auf die Wichtigkeit der architektonischen Gestaltung von Schulen (vgl. Hammerer et al., 2005, S. 150ff).
Jedoch wirkt sich die räumliche Ausgestaltung auf die Interaktion und Kommunikation in der Schule aus. Durch die architektonische Gestaltung können das Schulklima, Sozialverhalten, Arbeitsfreude, Motivation und noch vieles mehr positiv beeinflusst werden (vgl. Hammerer et al., 2005, S. 150ff).
In Tampere, Finnland wurde vor 2 Jahren eine neue Grundschule namens Karonen aufgrund von Platzgründen errichtet. Trotz vieler Vorbildfunktionen Finnlands, ist diese pädagogische Architektur nicht vorherrschend in Finnland und zeigt einen zukunftsweisenden Weg (vgl. Hammerer et al., 2005, S. 153).
LehrerInnen und der Architekt Timo Veijonsuo arbeiteten eng zusammen und hielten Verbesserungsvorschläge auf beiden Seiten schriftlich fest. So konnten sich die LehrerInnen auch entscheidend in den Entwicklungsprozess der Schule einbinden. Die SchülerInnen waren aufgrund der schnellen Fertigstellung nur in den Spielplatzbaus miteinbezogen. Damit die Zusammenarbeit gelang, war es notwenig, dass die Architekten die Ideen der LehrerInnen bzw. des Schulvertreters auch einarbeiteten, wodurch auf diesem Wege auch die sogenannten Units entstanden (vgl. Hammerer et al., 2005, S. 153ff).
Units bestehen aus vier Klassenräumen, wobei jeweils zwei mit einer Schiebewand verbunden sind. So kann man verstärkt alternative Unterrichtsmethoden oder differenzierten, handlungsorientierten Unterricht wie zum Beispiel das offene Lernen einsetzen. Jede Unit verfügt auch über einen Computerraum, einen separaten Raum, eigene Gardaroben und einen separaten Außeneingang. Die Units sind eher am Rande zentriert, da der Mittelpunkt der Schule die Schulbibliothek, den Speisesaal und einen Freizeitraum darstellen soll. Durch die Raumanordnung können die Schüler verschiedene Lernumgebungen (Balkon, Bibliothek etc.) nutzen und sich so bestmöglich entfalten. Nicht nur die Raumordnung sondern auch das Umfeld ist verstärkt auf die SchülerInnen ausgerichtet, da diese Schule über Schulpsychologen, Assistenten, Schulgesundheitsfürsorgerin und SozialarbeiterInnen. Dieses Umfeld und der individuelle Unterricht ist ein Grund für die herausragenden Schulleistungen in Finnland (vgl. Hammerer et al., 2005, S. 155fff).
Durch diese Units und mit Unterstützung von engagierten LehrerInnen kann Verantwortung, Selbstaktivität, Handlungsfreiheit, Verständnis füreinander und soziale Kompetenz gefördert werden (vgl. Hammerer et al., 2005, S. 156).
Durch diese Raumgestaltung können sich die SchulerInnen sicher und geborgen fühlen, da die Units überschaubar sind und Platz für verschiedene Aktivitäten bieten. In so einer Schule ist die Atmosphäre menschlicher und intimer und die Schüler können sich geborgen fühlen (vgl. Hammerer et al., 2005, S. 159f).
Durch die große Autonomie bezüglich finanzieller Mittel wurde auch hier jeder Raum je nach dem was gelehrt wurde anders möbliert. Jeweils 2 Lehrer eines Fachbereichs wurde es überlassen, die Schule so wohnlich wie möglich zu gestalten um einen ganztägigen Aufenthalt in der Schule so angenehm wie möglich zu machen (vgl. Hammerer et al., 2005, S. 160f).
Zudem wurde beim Schulbau speziell auf die Errichtung eines allgemeinen Schulzentrums für alle geachtet. So befinden sich Mensa, Bibliothek und Freizeiträume im Zentrum des Gebäudes. Die Schüler sollen so erzogen werden, in einer großen Gemeinschaft zu leben, in der sie mit Mensa-Bediensteten, Lehrern und auch mit dem Putzpersonal gemeinsam am Ziel des Schulabschlusses arbeiten (vgl. Hammerer et al., 2005, S. 162fff).
Besonders die Zusammenarbeit zwischen der gesamten Lehrbelegschaft und ihren Schützlingen macht es möglich, ausgezeichnete Ergebnisse zu erzielen und bei Tests wie der PISA-Studie hervorragend abzuschneiden (vgl. Hammerer et al., 2005, S. 162fff).
Die Grundschule wird nicht nur für ihren eigentlichen Zweck genutzt, sondern in der Schule finden auch Veranstaltungen, Treffen, Spielräume, Freizeitmöglichkeiten statt. Dadurch sollen auch Menschen aus der Umgebung zusammenkommen und sich näher kennen lernen, wie auch den SchülerInnen noch zusätzliche Möglichkeiten geboten werden (vgl. Hammerer et al., 2005, S. 169).
Hammerer, F. & Renner, C. (2005). Die finnische Grundschule Karonen koulu. Zeitschrift Erziehung & Unterricht, 7-8, S 150-169.