Pädagogische Fachzeitschriften 2006

Tina Hascher

Emotionen im Schulalltag: Wirkungen und Regulationsformen

Funktionen und Wirkungen von Emotionen in der Schule

Menschliche Handlungen werden nicht nur durch Kognition und Motivation gesteuert, sondern auch durch Emotionen. Diese beeinflussen die Aktivierung und die Antriebskraft sowie die Absichten einer Person und deren motivationle Orientierung. Zudem sind sie eine Schnittstelle für kognitive Prozesse (vgl. Bandura 1997, nach Hascher 2005, S. 610). Dabei werden im Schulwesen vor allem den induzierten Gefühlen eine große Bedeutung beigemessen.

Gezielt induzierte Gefühle

Emotionen beeinflussen die Kognition, Motivation und das Handeln einer Person. Daraus resultierend, haben Gefühlslagen von SchülerInnen einen Einfluss auf deren Lernverhalten. Es stellt sich also die Frage, welche Möglichkeiten zur Indizierung von positiven Gefühlen bestehen.

In Laborstudien wurde der Zusammenhang von induzierter guter Laune auf Faktoren wie Kognition, Motivation und Handeln analysiert. Man stellte fest, dass es möglich ist, Gefühle nachhaltig zu beeinflussen (jedoch zeitlich begrenzt). Erreicht wurde eine Indizierung von positiven Gefühlen beispielsweise durch kleine Geschenke, aber auch durch Erfolgsrückmeldung nach einer gelösten Aufgabe.

Zur Erklärung dieses Einflusses werden vier Möglichkeiten diskutiert. Die erste Möglichkeit ist die Stimmungskongruenz, d.h. „Stimmungen besitzen eine direktive und selektive Funktion, in dem sie mitbestimmen, welche Informationen aus einem Kontext ausgewählt werden“ (Cunningham 1990, nach Hascher 2005, S. 612). Beispielsweise werden bei positiver Stimmung angenehme Aspekte bevorzugt. Die zweite Möglichkeit ist die Informationsverarbeitung, welche aussagt, dass Stimmungen auch als Schaltstellen innerhalb kognitiver Strukturen dienen (z.B. können negative Gefühle das analytische Denken fördern). Eine weitere Erklärung, das Informationspotenzial, bedeutet, dass positive oder negative Stimmungen selbst als Informationsquelle verstanden werden, die dem Individuum Aufschluss über den Grad an Sicherheit in der jeweiligen Situation gibt (vgl. Schwarz 1990, nach Hascher 2005, S. 612). „So bedeutet positive Stimmung eine sichere Situation und fördert bzw. erweitert mentale Prozesse wie Informationsaufnahme“ (Schwarz & Bless 1991, nach Hascher 2005, S. 612). Die vierte Möglichkeit, der Stimmungserhalt, beruht darauf, dass man eine positive Stimmung erhalten möchte. Daher neigen positiv gestimmte Individuen dazu, Aufgaben, die zu einem Misserfolg (und daraus folgenden negativen Emotionen) führen könnten, zu vermeiden.

Real erlebte Gefühle

Eine wichtige Rolle spielen auch, die im Rahmen der Schule, real erlebten Emotionen. So wirken sich Gefühle der Kompetenz, der sozialen Eingebundenheit oder der Autonomie positiv auf die Motivation von SchülerInnen aus. Zusätzlich wirken sich auch Faktoren wie Beziehungen zu Lehrpersonen, Interaktionen zwischen den SchülerInnen aber auch die Aura des Lernortes auf die Motivation aus. Dementsprechend führen langfristige, positive Emotionen in der Schule zu einer Steigerung des Lernerfolges.

Emotionen in Fehlersituationen

Die Auswirkung von Fehlern auf die Emotionen von SchülerInnen sind je nach konkreter Situation unterschiedlich. So werden Fehler während des Lernens bzw. des Übens nicht als unangenehm empfunden und führen daher auch zu keinen negativen Emotionen. Wird der Unterricht jedoch untolerant gegenüber Fehlern geführt, so können starke negative Emotionen hervorgerufen werden (z.B. durch Bloßstellen vor der Klasse). Wichtig in Bezug auf Emotionen in Fehlersituationen ist vor allem die Differenzierung zwischen Lern- bzw. Leistungssequenzen (z.B. Prüfungen, Tests) des Unterrichts.

Die Regulation von Emotionen

Zur Regulation von Emotionen, werden drei Ansätze unterschieden. So können durch eine veränderte Einschätzung einer unangenehmen Situation, negative Emotionen geschwächt bzw. zur Gänze abgebaut werden. Auch durch aktives Handeln kann auf das Erleben von Emotionen Einfluss genommen werden. Die Anwendung der Selbstregulation ist der dritte Ansatz. Wichtige Ziele sind dabei, sich durch „die Modulation des Emotionserlebens an die Erfordernisse der Situation anzupassen sowie die Erhaltung des subjektiven Wohlbefindens“ (Larsen & Prizmic 2004, nach Hascher 2005, S. 617).

Zudem werden Strategien zur Regulation von Gefühlen angewandt. Bei negativen Gefühlen wären dies: Ablenkung, die Neubewertung des erlebten Ereignisses, Problemlösungen bzw. künftige Problemvermeidung, Selbstbelohnung, physische Ersatzbefriedigung, soziale Unterstützung, Abreagieren des Gefühls, Unterdrückung des Gefühls, Vergleiche mit Menschen, denen es (noch) schlechter geht oder Rückzug. Ebenso werden drei Strategien zur Regulation angenehmer Gefühle genannt, um diese länger aufrecht zu erhalten oder sogar zu intensivieren: Belohnung/Fokussierung positiver Lebensaspekte, prosoziales Verhalten und das Ausleben positiver Gefühle (vgl. Larsen & Prismic 2004, nach Hascher 2005, S. 617).

Emotionsregelung im Schulalltag

Da für viele Kinder und Jugendliche die Schule negative Emotionen verursacht, ist eine Regulation dieser Emotionen für SchülerInnen von großer Bedeutung.

In einer Studie wurden Jugendliche auf ihre Strategien zur Emotionsregelung untersucht. Diese wurden nach folgenden Kriterien eingeteilt: Ich-zentrierte Regulation und soziale Regulation, Bezug auf vergangene, aktuelle oder zukünftige Ereignisse bzw. kognitiver, handlungsbezogener oder emotionaler Strategie. Die Frage, nach der Funktionalität der verschiedenen Strategien von Schülern blieb allerdings offen (vgl. Hascher 2005, S. 620).

Ausblick

Emotionen wirken zwar nicht zwingend direkt auf das Lernergebnis von Schülern, allerdings beeinflussen sie Motivation, Handlungskontrolle und Lernverhalten. Deswegen ist dem Umgang mit Emotionen im Schulalltag eine große Bedeutung beizumessen.

Quelle

Hascher, T. (2005). Emotionen im Schulalltag. Wirkungen und Regulationsformen. Zeitschrfit für Pädagogik, 51, 610-623.


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