Pädagogische Fachzeitschriften 2006

Sündenbock Ganztagsschule?

Die Diskussion über die Ganztagsbetreuung lässt einige Kritiken aufkommen. Ein solcher Kritikpunkt ist die Verschulung des Nachmittags. Ein Punkt dabei ist, dass die Schule nun auch den Nachmittag der Schüler beansprucht, weil Probleme in der Qualität des Halbtagsunterrichts auftreten. Meist wird jedoch ein längerer Schulaufenthalt als negativ bei den Schülern empfunden (vgl Wolf, 2005, S. 627).

Weiters kann angenommen werden, dass der Nachmittag genutzt wird, um weitere Gegenstände anzubieten. Das würde LehrerInnen ermöglichen ihre eigenen Interessen als Schulfach anzubieten, jedoch nicht unbedingt den Interessen der Jugendlichen entsprechen (vgl Wolf, 2005, S. 627).

Ein weiterer Punkt ist, dass die Lehrer als Wissensvermittler ausgebildet sind und so auch am Nachmittag der eigentliche Schulunterricht aufgrund dieser Tatsache in gewisser Weise fortbesteht (vgl Wolf, 2005, S. 628).

Der zweite Kritikpunkt behandelt die Einschränkung der Schüler in ihrer persönlichen Freiheit. Darunter ist zu verstehen, dass die Schüler einerseits dadurch eingeschränkt sind, dass einer Schule oft nicht die nötigen Mittel zur Verfügung stehen, um eine gewünschte Freizeitaktivität anzubieten und andererseits werden die angebotenen Gegenstände von Lehrern bestimmt und deren Interesse und nicht dem der Schüler (vgl Wolf, 2005, S. 628f).

Der dritte Kritikpunkt in diesem Artikel sind die erhofften Effekte. Von den Propagierenden wird kommuniziert, dass die Ganztagsschule die Eltern entlasten soll. Hier ist der wirtschaftliche Aspekt klar zu erkennen. Ein weiterer solcher Aspekt bei der Ganztagsbetreuung ist die Förderung der Schüler. Im Sinne von PISA wäre also die Ganztagsschule verantwortlich für die Kompensation von Defiziten aus dem Halbtagsunterricht (vgl Wolf, 2005, S. 629f).

Im nächsten Schritt werden die drei Kritikpunkte auf den Halbtags-Unterricht selbst umgelegt. Nachdem Wolf (2005) behauptet es käme in der Folge von Ganztagsunterricht zu einer Verschulung des Nachmittags, bedeutet dies doch auch, dass bereits der Vormittagsunterricht verschult ist und somit etwas negativ behaftet wirkt. Wolf (2005) merkt an, dass der 50- Minuten Takt in der Sekundarstufe eine große Einschränkung für das Lehren und Lernen darstellt. Ein weiterer Punkt bei der Verschulung ist die Gebundenheit an den Lehrplan und das Wissen das vermittelt werden sollte (vgl Wolf, 2005, S. 630f).

Zur Einschränkung der persönlichen Freiheit im allgemeinen Unterricht sagt Wolf (2005), dass Lehrer durch Lehrpläne und Lehrbücher dazu gebracht werden, welches Wissen sie den Schülern vermitteln. Er meint auch, dass dadurch zuwenig auf die Bedürfnisse und Interessen der Schüler eingegangen wird (vgl Wolf, 2005, S. 631f).

Die erhofften Effekte im Unterrichtsbereich stellt Wolf (2005) wie folgt dar. Das unzufriedenstellende Lehr- und Lernergebnis sollte durch ein mehr an Unterricht kompensiert werden. Wolf (2005) begegnet diesem Ansatz wie folgt: „ Dies erinnert etwa an die Empfehlung: „Wenn du schlechte Noten hast, musst du halt mehr lernen.““ (vgl Wolf, 2005, S. 632)

Es ist offensichtlich, dass die Kritikpunkte an der Ganztagsschule auch jene am allgemeinen Unterrichtsbereich sind. Wolf (2005) fasst die schulischen Probleme zusammen:

In seinem Resümee bemerkt Wolf (2005), dass mit der Nachmittagsbetreuung die oben genannten Probleme gelöst werden könnten. Es sollten andere Wege gefunden werden, die Mankos zu kompensieren (vgl Wolf, 2005, S. 633f).

Siehe auch Ganztagsschule zwischen bildungspolitischer Vision und sozialen Akzeptanzproblemen und Unsere Kinder brauchen eine qualitativ hochwertige ganztägige Betreuung

Quelle

Wolf, P. (2005). Sündenbock Ganztagsschule. Erziehung und Unterricht, 1


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