Die Frage in wie fern Kinder ihre Eltern beeinflussen, war schon in den 60er Jahren ein Thema. Zu dieser Zeit betrachtete man das Kind aber noch aus einer passiven Sicht, das keine Möglichkeiten hat das Verhalten der Eltern zu steuern. Nach und nach änderten sich diese Ansichten und man merkte, dass es sehr wohl auf die Eltern Einfluss ausüben kann. Nicht nur die Eltern bringen sich in Interaktionen ein, sondern auch das Kind weist zahlreiche Verhaltensweisen auf. Bis heute findet man nur sehr wenige Studien zu diesem Thema. Wenn es Untersuchungen dazu gegeben hat, wurde meist die Steuerungsmöglichkeit von Säuglingen und Kleinkindern analysiert. Tatsache ist, dass sich mit steigendem Alter die Einflussnahme erhöht. Natürlich gibt es auch Unterschiede, in welcher Weise sich Mädchen und Jungen bei den Eltern durchsetzen. Jungen handeln in einer aggressiveren Art als Mädchen. Medienberichten zu Folge hat die Steuerung von Kindern in den letzten 15-20 Jahren stark zugenommen (Erziehungsschwierigkeiten).
Wichtige Untersuchungen zu „Child-effect“-Forschungen wurden von Pauls und Johann entwickelt. Ein „Fragebogen zur Erfassung kindlicher Steuerung“(FEKS) für Kinder zwischen acht und zwölf Jahren wurde 1991 veröffentlicht.
In der vorliegenden Studie vom Juni 1997 fließen die Meinungen von Kindern und Eltern ein. Sie baut auf frühren Erkenntnissen auf. Dazu wurden Kinder im Alter zwischen acht bis elf (maximal zwölf) Jahre, nach Einverständnis der Eltern, befragt. Insgesamt wurden 371 Kinder, 190 Mädchen und 181 Jungen, aus Grundschulen und Gymnasien aus dem Raum Aachen, in die Studie einbezogen. Ihre Aufgabe war es innerhalb von 45 Minuten zahlreiche Fragestellungen zu beantworten. 22 situationsorientierte Items konnten der FEKS entnommen werden. Es standen jeweils zwei verschieden Versionen zur Verfügung, eine für Jungen und eine für Mädchen. In den Fragen ging es um Konflikte zwischen Eltern und Kinder, mit jeweils drei Antwortmöglichkeiten. Dabei ist eine Möglichkeit zu wählen, die verschiedenen Situationsklassen zugeordnet werden kann.
Lenkungsformen |
Situationsklassen |
Konstruktiv-aktive Steuerung |
Zuwendung |
Steuerung durch Bestrafung |
Privilegien |
Steuerung durch Entwertung u. Vorwürfe |
Materielle Verstärker |
Steuerung durch oppositionelles Verhalten |
Durchsetzen gegen elterliche Forderungen |
Passiv-resignative Steuerung |
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Steuerung durch Ignorieren |
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Steuerung durch Anpassung und Belohnung |
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Die konstruktiv-aktive Steuerung wird als ein angemessenes Verhalten gesehen. Diese Kinder können ihre Ziele sehr wohl zurückstellen und auf andere abstimmen. Im Gegensatz dazu sind die restlichen Verhaltenweisen als problematisch einzustufen. Die Steuerung durch Anpassung und Belohnung wird von den Eltern sehr oft nicht negativ gesehen. Sie wird jedoch von Pauls und Johann als problematisch eingestuft.
Um den vorliegenden Fragebogen zu verbessern wurden einige Punkte überarbeitet. In der neuen Untersuchung wurde somit nicht nur der FEKS, sondern auch eine überarbeitete Form davon wie ein Elternfragebogen eingesetzt. Der verbesserte Fragebogen wies sieben Antwortmöglichkeiten auf, da bei drei einige Möglichkeiten öfters als andere vorkommen. Zusätzlich war auch nach jeder Frage Freiraum für nicht genannte Verhaltensweisen.
Bei den Ergebnissen zeigten sich beim Steuerungsverhalten in mehreren Bereichen Geschlechtsunterschiede. Mädchen neigen eher zu einem „passiv-resignativen Verhalten und zu einer Steuerung durch „Anpassung/Belohnung“. Im Gegensatz dazu wählen sie eher seltener die „Bestrafung“. Auch in den verschieden Altersgruppen zeigten sich Unterschiede. 8-10 jährige wurden viel häufiger den problematischen Steuerungen als 11-12 jährige zugeordnet. Natürlich hat sich auch in der neuen Untersuchung im Jahre 1997 einiges getan. Früher wurde eher die Steuerung durch „Anpassung/Belohnung“ eingesetzt, wobei auf „Opposition“ vermehrt verzichtet wurde. Heutzutage ist es genau umgekehrt. Die am Häufigsten gewählte Lenkungsform war in allen Gruppen die „konstruktiv-aktive“ Steuerung, wie sich durch eine Rangreihung ergab. Im Gegensatz zur Befragung 1982 wurden aber mehr problematische Möglichkeiten gewählt.
Bei zukünftigen Befragungen ist es notwendig die Fragebögen gründlich zu überarbeiten. Zusätzlich wäre es möglich problematische Varianten noch einmal in weitere Möglichkeiten zu unterteilen und eventuell neue Kategorien zu verwenden.
Psychologie in Erziehung und Unterricht (2000): Angela Hermens, Karl-Georg Tismer. Wie steuern Kinder ihre Eltern? S.29-45.