Frank Lipowsky
Schul- und Unterrichtsforschungen zufolge nehmen außerschulische Bedingungen, schul- und klassenbezogene Einflussgrößen und individuelle Lernvoraussetzungen der Schüler Einfluss auf ihren Lernerfolg. Untersuchungen belegen, dass individuelle Voraussetzungen der Lernenden, das jeweilige Vorwissen, die kognitive Leistungsfähigkeit sowie familiäre und soziale Hintergrundvariablen den stärksten Einfluss auf das Leistungsniveau haben. Aktuelle amerikanische Studien hingegen zeigen, dass der Klassenebene (Merkmale der Klasse, des Lehrers und des Unterrichts) eine große Bedeutung zukommt. Besonders schwächere Schüler profitieren von guten Lehrern und einem guten Unterricht.
Fachliches Wissen der Lehrpersonen: Hohes fachliches Wissen allein ist kein ausreichendes Kriterium für den Lernerfolg der Schüler. Ashton und Crocker (1987) sind jedoch der Meinung, dass gut ausgebildete Lehrpersonen über eine größere Handlungskompetenz verfügen als Lehrpersonen, die fachfremd unterrichten.
Fachdidaktisches Wissen: Eine Studie von Hill, Rowan und Ball (2005) zeigt „signifikante Zusammenhänge zwischen fachdidaktischem Wissen der Lehrpersonen und dem Leistungszuwachs der Schüler auf. Von allen einbezogenen Lehrerkompetenzen war fachdidaktisches Wissen am wichtigsten“ (Lipowsky 2006, S. 52).
Pädagogisches Wissen: Studien belegen, dass Schüler bessere Leistungen erzielen, wenn ihre Lehrer pädagogisches Fachwissen besitzen. Darling-Hammond, Berry und Thoreson (2001) resümieren aus ihren Studien, dass Lehrpersonen mit einer pädagogischen Ausbildung eine effektivere Klassenführung zeigen und Schülerleistungen zutreffender einschätzen.
Berufserfahrung: Experten- und Novizenlehrer unterscheiden sich in der Wahrnehmung des Unterrichts und in der Flexibilität ihres beruflichen Handelns. Diese Komponente ist jedoch schwierig zu interpretieren und spielt daher für den Lernerfolg der Schüler eine eher untergeordnete Rolle.
Epistemologische Überzeugung: Im Allgemeinen wird angenommen, dass hier eine eher wertbezogene Überzeugung von Lehrpersonen für Planung, Gestaltung und Wahrnehmung von Unterricht eine wichtige Rolle spielen. Studien von Staub und Stern (2002) zeigen, dass ein erheblicher Teil der Leistungsunterschiede auf die konstruktivistische Orientierung der Lehrer zurückzuführen ist.
Selbstbezogene Kognitionen: Lehrpersonen mit einer hohen Wirksamkeitsüberzeugung sezten sich höhere Ziele und verwenden mehr Zeit für die Planung von Unterricht und haben eine höhere Bindung an den Lehrerberuf.
Quantität der Lerngelegenheiten: Die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Unterrichtsgegenstand sowie die investierte Lernzeit sind Grundvoraussetzung für den Lernerfolg. Dafür ist ausreichende Zeit notwendig, welche intensiv und aktiv genutzt wird.
Qualität der Lerngelegenheiten: Durch inhaltliche Strukturierungen werden wichtige Aspekte des Unterrichtsgegenstandes hervorgehoben und Zusammenhänge verdeutlicht. Aufbau, Integration und Verarbeitung von Wissen soll dadurch erleichtert werden. Übungen und Wiederholungen sind wichtig um Lerninhalte zu festigen. Marano, Gaddy und Dean (2000) sind der Meinung, dass das Setzen von Zielen und effektive Rückmeldungen hilfreiche Hinweise zu Verbesserungen beinhalten. Ein weiteres Qualitätsmerkmal stellt kooperatives Lernen dar. Dadurch soll die individuelle Verantwortlichkeit der Schüler gestärkt werden und gute Argumentations- und Kommunikationsfähigkeiten gelehrt werden.
Konstruktivistisch orientierte Unterrichtsforschung: Konstruktivistische Theorien sind Erkenntnistheorien die Annahmen über den Erkenntnis- bzw. Wissensaufbau beschreiben. Ausgangsbasis bildet das Lernen als ein aktiver und selbstgesteuerter Prozess des Wissensaufbaus. Es kommt dabei zu einer Verknüpfung von bestehendem Wissensstoff mit neuen Wissenselementen und somit zur Verarbeitung und Organisation des neu erworbenen Wissens.
Lipowsky, F. (2006). Auf den Lehrer kommt es an. Empirische Evidenzen für Zusammenhänge zwischen Lehrerkompetenzen, Lehrerhandeln und dem Lernen der Schüler. Zeitschrift für Pädagogik, 51, S. 47-65.