Pädagogische Fachzeitschriften 2006

Oliver Dickhäuser, Katrin Lutz, Melissa Wenzel, Claudia Schöne

Kleider machen Schule?

Korrelate des Tragens einheitlicher Schulkleidung

Positive und Negative Aspekte der Schulkleidung

Durch die Einführung von Schuluniform legen die Schüler weniger Wert auf teure Kleidung, es entwickelt sich eine bessere Klassengemeinschaft, die Schüler sind im Unterricht weniger abgelenkt und die Schüler bauen mehr Selbstvertrauen auf um soziale Anforderungen meistern zu können. Diese Nennungen sind die positiven Aspekte der Wissenschafter. Jedoch existieren auch negative Meinungen über Schuluniformen. Die Einführung von Schuluniform, wäre ein massiver Eingriff in die Freiheit von Schülern, denn so könnten sich diese nicht mehr durch ihre Kleidung ausdrücken. (vgl. Dickhäuser, O. 2004, S. 297)

Der Zweck einer Schuluniform beruht darin den Schülern eine Art Zugehörigkeit zur Schule bzw. Klasse zu vermitteln und sollte somit die Bindung an die Institution verstärken. Jedoch wurde bisher noch nicht bewiesen, ob sich die Lernzielorientierung und Aufmerksamkeit sich erhöhen durch das Tragen von Schuluniform.

Versuch und Ergebnisse

Im Versuch wurden aus zwei verschiedenen Schulen 171 Schüler befragt. In der Schule A trugen 35 der Personen aus der 5. Klasse drei Monate lang eine Schuluniform und 48 Personen aus der 8. Klasse schon seit zirka vier Jahren eine Uniform – zum Zeitpunkt der Befragung. In der Schule B gab es keine Schulkleidung. Die Erhebung erfolgte durch Fragebögen. Im Fragebogen wurden die Schüler über Kriterien wie das Sozialklima, Lernzielorientierung, Fürsorglichkeit des Lehrers, Selbstwirksamkeit im Umgang mit sozialen Anforderungen, Aufmerksamkeit, Stellenwert von Kleidung und Einstellung zur Schulkleidung befragt.

Bei der Analyse stellte sich heraus, dass die Schüler aus der 8. Klasse am positivsten gegenüber der Schulkleidung eingestellt sind. Vielleicht weil die Schüler positive Effekte durch das Tragen von Schulkleidung entdecken und sich das auch in der Einstellung ausdrückt. Ebenso ist auch das Sozialklima, die Lernzielorientierung und die Selbstwirksamkeit im Umgang mit sozialen Anforderungen in der höheren Klasse stärker ausgeprägt. Diese Erkenntnis lässt vermuten, dass sich Effekte des Tragens von Schulkleidung erst in einem gewissen Alter entwickeln. Die Faktoren waren bei den Nichtträgern immer am niedrigsten ausgeprägt. Der große Unterschied zwischen Trägern und Nichtträgern einer Schulkleidung beruht in der Einstellung der Eltern und Lehrkräfte. So vermitteln Lehrer und Eltern ein positiveres Grundbild gegenüber Schulkleidung.

Die Einführung von einheitlicher Schulkleidung ist nicht nur abhängig von ihren Auswirkungen sondern auch von moralischen Einstellungen. So darf eine Schulkleidung die Schüler nicht ihrer Freiheit berauben und nicht zu sehr ihre Persönlichkeit beeinträchtigen.

Die kontroverse Diskussion über die Einführung einheitlicher Schuluniformen besteht schon seit geraumer Zeit. Grund dafür sind aussagekräftige Vorteile und vor allem moralisch begründete Nachteile, die es abzuwägen gilt.

Da es im deutschsprachigen Raum keine Veröffentlichungen über die tatsächlichen Konsequenzen hinsichtlich des Tragens von Schuluniformen gibt, wurden mehrere Hypothesen aufgestellt: Begründer meinen, dass Träger einheitlicher Schulkleidung weniger Wert auf teure Kleidung legen und im Unterricht wesentlich konzentrierter sind, der Zusammenhalt  innerhalb der Klasse dadurch verbessert werden kann  und die Lernmotivation ansteigt. Gegner der Einheitskleidung sehen darin einen Eingriff in die Privatsphäre, da den Schülern durch die Auferlegung der Pflicht zum Tragen von Schuluniformen die Möglichkeit genommen wird, sich anhand individueller Kleidung auszudrücken.

Die wenigen – meist aus den USA stammenden – Fakten zeichnen kein eindeutiges Bild über etwaige positive oder negative Effekte bezüglich einheitlicher Schulkleidung. Schuluniformen symbolisieren die Zugehörigkeit der einzelnen Schüler zu einer Gruppe und der umliegenden Institution. Folglich wird vermutet, dass die Lernzielorientierung und gesteigerte Aufmerksamkeit besser sind als bei Kindern, die keine einheitliche Schulkleidung tragen. Weiters ist anzumerken, dass die Schuluniformen im Kontrast zu den nicht einheitlichen Kleidern des Lehrkörpers die natürliche, hierarchische Ordnung noch zusätzlich hervorhebt.

Gemäß einer Untersuchung hinsichtlich der Einstellung der Träger von Schuluniformen zu dieser entsprechenden Kleidungsvorschrift hat sich ergeben, dass diese ihrer Schulkleidung gegenüber positiver eingestellt sind als Nicht – Träger und dass Schüler die ihre Uniformen bereits über einen längeren Zeitraum tragen diese mehr schätzen, als solche die noch nicht so lange damit vertraut sind.

Eine Verbesserung des sozialen Klimas, der Lernzielorientierung, der Aufmerksamkeit und des Sicherheitsgefühls innerhalb einer Klasse in Korrelation mit dem Tragen von Schuluniformen zeigt sich erst nach Ablauf einer gewissen Zeitspanne.

Basis für die erfolgreiche Umsetzung der einheitlichen Schulbekleidung und die daraus resultierenden positiven Effekte sind Unterstützung und Befürwortung durch Eltern und Lehrer. Um auch den Schülern ein gewisses Mitgestaltungsrecht einzuräumen, stehen mehrere verschiedene Kleidungsstücke variabel nach Geschmack und Jahreszeit zur Auswahl.

Die Debatte ob einheitliche Schulkleidung eingeführt werden soll ist noch nicht abgeschlossen, jedoch ist es hilfreich sowohl empirische Daten und Fakten als auch die angestrebten Ziele und Werte zu berücksichtigen und einzubeziehen.

Quelle

Dickhäuser, O. (2004). Kleider machen Schule? Psychologie in Erziehung & Unterricht. (S. 296-308). München Basel: Ernst Reinhardt Verlag.


Machen Kleider wirklich Schule?

Eine längsschnittliche Analyse der Effekte des Tragens von einheitlicher Schulkleidung

Annahmen und Überlegungen für und gegen eine Schulkleidung

In der Öffentlichkeit werden verschiedenste Vor- und Nachteile zum Thema Schulkleidung angegeben. Gemäß Dickhäuser, Helgert & Köppe (2009, S. 39) wird vermutet,

Folglich könnte man annehmen, dass  der Stellenwert von Kleidung bei den Schülern sinkt, sich das Sozialklima verbessert und die Lernzielorientierung sowie die Aufmerksamkeit der Schüler steigt.

Daraus könnte es „zu einer höheren Leistung der Schüler kommen“ (vgl. für diese Hypothese Ryan & Ryan, 1998, zit.n.Dickhäuser et al., 2009, S. 39).

Weiters führen Dickhäuser et al. (2009, S. 39) an, dass negative Stimmen wiederum behaupten, dass Schulkleidung

Untersuchungsergebnisse zum Thema

Die Ergebnisse verschiedenster Untersuchungen ergaben widersprüchliche Aussagen. Der Grund dafür kann an den Untersuchungsmethoden (Auswahl der Grundgesamtheit, Vergleichsgruppen) liegen.

Dickhäuser et al. (2009, S. 39) beziehen sich auf eine Studie von Brunsma und Rockquemore (1998) in den USA, die ergab, dass Träger von Schuluniformen bessere Leistungen erbringen als Nichtträger.
Das mag jedoch damit zusammenhängen, dass in den USA Uniformen zum größeren Teil an Privatschulen getragen werden als an öffentlichen Schulen.
Dickhäuser et al. (2009, S. 40) nehmen weiters Bezug auf eine Studie von Dickhäuser et al. (2004) an zwei Hamburger Schulen. Diese ergab, dass an Schulen mit Schulkleidung ein besseres Sozialklima, mehr Aufmerksamkeit und ein niedrigerer Stellenwert von Kleidung vorherrschen. In dieser Studie fehlt jedoch die längsschnittliche Betrachtung des Themas.
Spörer und Brunstein haben dieses Thema 2007 auch längsschnittlich an Grundschulen untersucht. Sie fanden hier keine positiven Effekte des Tragens von Schulkleidung und führten dies darauf zurück, dass Kleidung erst im Jugendalter mehr an Bedeutung gewinnt (vgl. Dickhäuser et al., 2009, S. 40).
Johannes Helgert und Anna Köppe führten im Schuljahr 2006/2007 an zwei staatlichen Realschulen in Bayern längsschnittliche Studien durch. Bei der Auswahl der Schulen trachtete man danach, sehr vergleichbare Schulen heranzuziehen.
In einer der beiden Schulen wurde 2005/2006 einheitliche Schulkleidung eingeführt. Befragt wurden Schüler der fünften und sechsten Klasse, also Schüler der Sekundarstufe.
Das Ergebnis war, dass es weder beim wahrgenommenen Sozialklima noch bei der Lernzielorientierung wesentliche Unterschiede zwischen Trägern und Nichtträgern von Schulkleidung gibt. Auch was den Stellenwert der Kleidung allgemein betrifft, war der Faktor der Einflussnahme von Schulkleidung etwa im Hinblick auf positive Leistungseffekte vernachlässigbar.
Auch die negativen Befürchtungen im Hinblick auf mehr Autoritarismus oder Konformismus sowie auf einen verlagerten Markenwahn bei Trägern von Schuluniformen konnte die Studie nicht unterstützen. Festgestellt wurde jedoch, dass die Einstellung zur Schulkleidung jener Schüler, die Schulkleidung trugen, gegen Jahresende hin abnahm. Hier war der einzige wesentliche  differenzielle Entwicklungsverlauf sichtbar. Im Großen und Ganzen sind die Ergebnisse dieser Studie mit dem Ergebnis von Spörer und Brunstein sehr ähnlich, obwohl der Vergleich aufgrund der gewählten unterschiedlichen Schulstufen schwierig ist.
Im Vergleich zur Studie von Dickhäuser et al. (2004, zit. n. Dickhäuser et al., 2009, S. 47) ergeben sich Unterschiede. Dies mag auf die Dauer der Messung zurückzuführen sein oder aber im Design der Studie begründet liegen.
Es wird an künftigen Studien liegen, eine eventuelle Störvarianz bei der untersuchten Schule zu kontrollieren.

Verwendete Literatur

Dickhäuser, O., Helgert J. & Köppe A. (2009). Machen Kleider wirklich Schule? Eine längsschnittliche Analyse der Effekte des Tragens einheitlicher Schulkleidung. Empirische Arbeit. Psychologie in Erziehung und Unterricht, 56, 38 – 48.




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