Pädagogische Fachzeitschriften 2006

Selbstgesteuertes Lernen  der Schüler – Fahren ohne Führschein? 

Herbert Gudjons bietet in seinem Artikel einen sehr interessanten und gleichzeitig komprimierten Überblick zur Einführung in den Themenschwerpunkt selbstgesteuertes Lernen.

Das traditionelle Grundmuster in der Schule basiert nach wie vor auf dem Grundgedanken, dass die Lernenden von außen gesteuert werden müssen. Um Wissen zu vermitteln übernehmen die Lehrenden den aktiven Part, die Lernenden eher den passiven. (Instructional Design)

Der Begriff „Selbststeuerung“ meint jedoch eine Lernform, in der der Lernende mehr oder weniger Indikator und Verantwortlicher seiner Lerntätigkeit ist und in dem für ihn passendem Maß Unterstützung heranziehen kann. Eine grundlegende Voraussetzung für selbstgesteuertes Lernen ist das Wissen über die Metakognition. Das heißt das Wissen über die eigenen Schwächen und Stärken im Bezug auf das Lernen. Schüler die sich auf diese Weise mit dem Lernstoff auseinander gesetzt haben konnten ihre Leistung von 20 % auf 46 % steigern (vgl. Pädagogik, 05/03, 7).  Eine weitere Aussage ist jene, dass festgestellt werden konnte, dass durch den Einsatz dieser Methode bei den Lernenden sowohl eine Steigerung der Könnenserfahrung als auch eine Steigerung des Selbstvertrauens generiert werden kann, da sich die Lernenden immer wieder selbst als die Ursache von Erfolgen erleben.  – Selbstsicherheit und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten sind entscheidende Faktoren für die seelische Gesundheit des Menschen. Selbstgesteuertes Lernen bedingt des weiteren eine starke und offene Lernumgebung: Stark ist so zu verstehen, dass im Mittelpunkt des Unterreichtes authentische Themen aus der Wirklichkeit der Schüler, realistische Aufgaben und Probleme, die situiert sind, multiple Kontexte, kooperative Arbeitsformen und nicht zuletzt die Förderung der intrinsischen Motivation der Schülerinteressen. Eine offene Lernumgebung bedeutet, der Stoff ist „flacher“ gegliedert, der Zeitrahmen flexibler, die Reihenfolge der Lernhandlungen und die Bemessung der Lernzeiten werden stärker den Lernenden selbst überlassen als bei einer geschlossenen Lernumgebung. Konkrete Tipps zur Gestaltung einer offenen Unterrichts- und Lernumgebung sind ebenfalls in diesem Artikel zu finden (vgl. Pädagogik, 05/03, 8). Generell ist noch anzumerken, dass dieser offen gestaltete Unterreicht keineswegs der „Tod des Frontalunterrichts ist, den die Lernstrategien, Arbeitsmethoden und –techniken die bei dieser Methodik von entscheidender Bedeutung sind, müssen den Lernenden zuvor im klassischen Sinne vermittelt werden (vgl. Pädagogik, 05/03, 7 – 8).

Klaus Konrad beschäftigt sich in seinem Artikel speziell mit der Thematik, vom Konzept zur Umsetzung zu gelangen. Nach seinem Verständnis definiert sich selbstgesteuertes Lernen nach Zimmermann folgendermaßen: „Lernende können als selbstgesteuert bezeichnet werden, wenn sie in Abhängigkeit von der Art ihrer Lernmotivation selbstbestimmt eine oder mehrere Selbststeuerungsmaßnahmen (kognitiver, willentlicher oder verhaltensmäßiger Art) ergreifen und den Fortgang des Lernprozesses selbst überwachen, regulieren und bewerten“. In den weiteren Ausführungen zum Inhaltlichen und den Voraussetzungen die selbstgesteuertes Lernen bedingt, geht Klaus Konrad konform mit Herbert Godjons und beschäftigt sich weiterführend mit dem Weg zum selbstgesteuerten Lernen. Hierbei untersucht er zwei unterschiedliche Modelle (Stadien- bzw. Prozessmodelle des selbstgesteuerten Lernens nach Grow (1991) und Simons (1992)), ausgehend von der Voraussetzung der Pluralität an Lernmethoden sowie einer Kombination verschiedener Vorgehensweise.

Stadienmodell nach Grow (1991):  Grow´s (1991) Modell basiert auf einem 4-stufigem Aufbau der von der Lehrperson angeleitet und begleitet wird. Letztendlich ist nach diesem Ablauf die vorrangige Aufgabe der Lehrkraft nicht zu lehren, sondern vielmehr die Fähigkeiten der Lernenden zu kultivieren und zu stützen.

Prozessorientiertes Lernen nach Simons:

Die Kernaussage von Simons (1992) ist dem Grund nach gleich der von Grow (1991), nämlich die schrittweise Verlagerung der Kontrolle vom Lehrenden auf Lernenden. Dieser schrittweisen  Verlagerung hat er neun Grundprinzipien zu Grunde gelegt. Ein weiterer Aspekt zur Unterstützung von selbstgesteuertem Lernen  kommt in diesem Artikel der Bedeutung der Lehrerreflexion bei. Nur derjenige kann als reflektierender Lehrer (reflecting teacher) bezeichnet werden, der imstande ist, seine eigenen Ziele und Wertvorstellung in Bezug auf die Schulerziehung, sein eigenes subjektives Wissen sowie den Bildungskontext kritisch zu reflektieren. Zudem muss die Person in der Lage sein, die in der Unterrichtspraxis auftretenden Probleme zu erkennen, zu verbalisieren und zu lösen. (Pädagogik, 05/03, 17)

Silke Traub beleuchtet in ihrem Artikel selbstgesteuertes Lernen in der Praxis. Sie erörtert  verschiedene Vorgehensweisen in diesem Kontext, die Wochenplanarbeit, die Freiarbeit, den wahldifferenzierten Unterricht, und den Projektunterricht. Jede Methode für sich weist unterschiedliche Vorzüge und teilweise auch unterschiedliche Voraussetzungen sowohl an die Schüler als auch an die Lehrer voraus. Primär ist aber auch sie der Meinung der bereits vorhergehenden Autoren: „Methoden und Kompetenzen selbstgesteuerten Lernens müssen Schritt für Schritt angegangen werden und funktionieren nicht von heute auf morgen.“ (Pädagogik, 05/03, 19-22) 

Quelle

Pädagogik, 05/03, 6 - 9

Gudjons, Herbert: Selbstgesteuertes Lernen der Schüler: Fahren ohne Führerschein?

Pädagogik, 05/03, 14 - 17

Konrad, Klaus: Wege zum selbstgesteuerten Lernen

Pädagogik, 05/03, 14 – 22

Traub, Silke: Selbstgesteuertes Lernen in der Praxis


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